Das Resilienz-Paradoxon: Stabilität als Sprungbrett für Wachstum

VonDr. Christian F. Koof
Retail & Consumer Goods, Artikel

Die vergangenen Jahre, seit Beginn der Corona-Pandemie, sind geprägt von anhaltenden Krisenzeiten. Globale Kaufzurückhaltung, Lieferkettenprobleme und geopolitische Spannungen haben Unternehmen gezwungen, ihren Fokus auf Kosteneffizienz und operative Straffung zu legen.

Schlanke Kostenstrukturen sind zu einem zentralen Maxim für die Sicherstellung des Fortbestands vieler Unternehmen geworden. In vielen Fällen wurden Kostenoptimierungen über die vergangenen fünf Jahre hinweg bis an die Grenze des Machbaren ausgereizt. Dies führte häufig zu Innovationsstaus und operativer Erschöpfung. Zudem bremst diese defensive Haltung langfristiges Wachstum. Wahre Resilienz besteht jedoch nicht nur in reiner Kostenoptimierung. Unternehmen müssen sich trauen, offensiver neue Wege einzuschlagen. Eine starke strategische Ausrichtung fokussiert sich nicht nur auf schlanke Kostenstrukturen, sondern identifiziert zukunftsgerichtet Chancen und Innovationen.

Das Resilienz-Paradoxon

Das Resilienz-Paradoxon besteht darin, dass Unternehmen Resilienz oft als Entweder-oder verstehen: entweder radikale Kostenersparnis oder strategische Investitionen. Doch wahre Resilienz entsteht genau aus dem Zusammenspiel beider Ansätze. Ein Unternehmen muss gleichzeitig effizient und zukunftsfähig sein – Kosten kontrollieren und Innovation fördern.

Der scheinbare Widerspruch ist in Wahrheit eine notwendige Balance. Resilienz bedeutet, in der Lage zu sein, Stabilität und Wandlungsfähigkeit miteinander zu verbinden. Nur so entsteht ein Geschäftsmodell, das auch in unsicheren Zeiten trägt – schlank, stabil und bereit für das, was kommt.

Die Horn & Company Resilienz-Pyramide zeigt, wie diese grundsätzlich gegensätzlichen Gedanken auch in Krisenzeiten beide Anwendung finden müssen, um nachhaltiges Unternehmenswachstum sicherzustellen.

Horn & Company - Resilienzpyramide
Die Resilienz-Pyramide stellt die drei wesentlichen Bestandteile für nachhaltiges Wachstum dar.

1. Basis schaffen: Effizientes Cost Controlling

Die Grundlage jeder Wachstumsstrategie liegt in der Etablierung eines effizienten Cost Controllings. Dafür müssen folgende Grundvoraussetzungen geschaffen werden:

1. Kostentransparenz schaffen: Eine klare und umfassende Sicht auf die Kostenstruktur des Unternehmens ist unabdingbar. Dies bildet die Basis für fundierte Entscheidungen und das Erkennen potenzieller Optimierungshebel.

2. Kostenoptimierungsmaßnahmen ableiten: Auf Basis der gewonnenen Transparenz müssen gezielte Maßnahmen zur Optimierung identifiziert und priorisiert werden.

3. Umsetzungsorganisation sicherstellen: Eine strukturierte und effiziente Organisation zur Umsetzung der Maßnahmen ist entscheidend, um Ergebnisse nachhaltig zu sichern.

Diese drei Aspekte bilden den stabilen Fuß der Resilienz-Pyramide und schaffen die notwendige Grundlage, um darauf aufzubauen. Sie ermöglichen es, das Unternehmen krisenfest zu machen und legen die Basis für zukünftiges Wachstum.

2. Fokussierung des Leistungsportfolios

Die zweite Ebene der Resilienz-Pyramide baut auf der geschaffenen Basis auf und richtet den Blick auf das strategische Management des Leistungsportfolios.

  • Strategische Leitplanken definieren: Klare Vorgaben für die Weiterentwicklung und Fokussierung des Portfolios legen den Rahmen für Wachstum fest.
  • Transparenz über End-to-End-Prozesse schaffen: Eine umfassende Sicht auf die gesamte Wertschöpfungskette ermöglicht es, Engpässe zu erkennen und gezielt zu adressieren.
  • Deckungsbeitrags gesteuerte Portfoliooptimierung: Durch die Priorisierung von Produkten und Dienstleistungen mit hohem Deckungsbeitrag wird das Portfolio auf nachhaltige Rentabilität ausgerichtet.

Diese Fokussierung schafft Klarheit und Effizienz im Leistungsangebot und stellt sicher, dass Ressourcen gezielt dort eingesetzt werden, wo sie den größten Nutzen bringen.

3. Identifikation von Wachstumshebeln

Auf der dritten Ebene der Resilienz-Pyramide steht die Identifikation von Wachstumshebeln – sie markiert den Wendepunkt: von einer rein defensiven zu einer aktiven, offensiven Unternehmensstrategie. 

Wachstumshebel sind gezielt identifizierte Ansatzpunkte zur Steigerung der Wertschöpfung – sowohl marktbezogen als auch unternehmensintern. Als Strategien zur Entfaltung von Potenzialen ermöglichen sie den Übergang von stabiler Widerstandskraft hin zu nachhaltigem Wachstum.

In dieser Phase beginnt Resilienz, nicht nur zu schützen, sondern aktiv Zukunft zu gestalten – durch Innovation, neue Geschäftsmodelle und eine konsequente strategische Ausrichtung auf Wertschöpfung und Entwicklung.

Marktbezogene Wachstumshebel

Marktbezogene Wachstumshebel erhöhen das Umsatzpotenzial eines Unternehmens. Diese Hebel umfassen spezifische Strategien, die es ermöglichen, sowohl bestehende Marktpotenziale auszuschöpfen als auch neue Chancen zu erschließen.

  1. Marktdurchdringung als Schlüssel zur Potenzialausschöpfung: Die Marktdurchdringung spielt hierbei eine zentrale Rolle. Unternehmen sollten bestehende Kundenpotenziale besser nutzen und gezielt ihre Vertriebsstrategien ausbauen, um bislang ungenutzte Marktchancen zu erschließen. Maßnahmen wie personalisierte Services oder eine proaktive Kundenansprache tragen dazu bei, die Kundenzufriedenheit zu erhöhen, die Kundenbindung zu stärken und den Umsatz pro Kunde zu steigern.
  2. Erschließung neuer Märkte – geografisch und produktbezogen: Die Expansion in neue geografische Regionen oder produktbezogene Märkte bietet zusätzliches Wachstumspotenzial. Eine fundierte interne Analyse – etwa die Bewertung eigener Ressourcen und Stärken – bildet die Grundlage, um die richtige Marktstrategie zu entwickeln. Parallel dazu ist eine umfassende externe Analyse unerlässlich: Dazu zählen die Untersuchung globaler und lokaler Trends, die Bewertung von Marktvolumen und Wettbewerb sowie die Identifikation kultureller oder regulatorischer Herausforderungen. Die Kombination aus internen und externen Erkenntnissen ermöglicht es Unternehmen, neue Märkte gezielt zu adressieren und Wettbewerbsvorteile zu realisieren.
  3. Innovation als nachhaltiger Wachstumshebel: Ein weiterer zentraler strategischer Wachstumshebel ist Innovation. Unternehmen, die in die Entwicklung neuer Produkte, Dienstleistungen oder Geschäftsmodelle investieren, schaffen sich nachhaltige Wettbewerbsvorteile und können Marktbedürfnisse besser bedienen.

Innovation kann dabei unterschiedliche Formen annehmen: Inkrementelle Innovationen verbessern bestehende Produkte oder steigern die Effizienz von End-to-End-Prozessen.

Disruptive Innovationen hingegen erschließen völlig neue Märkte oder verändern bestehende Marktstrukturen grundlegend.

Erfolgreiche Unternehmen kombinieren häufig beide Ansätze, um kurzfristige Effizienzgewinne und langfristige Wachstumschancen zu realisieren. Beispiele wie die Einführung nachhaltiger Materialien, digitaler Dienstleistungenoder innovativer Geschäftsmodelle wie Abonnement-Services zeigen, wie Unternehmen ihre Innovationskraft nutzen, um sich vom Wettbewerb abzuheben und zusätzliche Umsatzpotenziale zu erschließen.

Unternehmensinterne Wachstumshebel

Unternehmensinterne Wachstumshebel fokussieren sich auf Effizienzsteigerungen und die Optimierung bestehender Prozesse. Digitalisierung ist dabei ein zentraler Schlüsselfaktor.

Die Automatisierung von Prozessen und der gezielte Einsatz von Datenanalysen helfen Unternehmen, schneller, effizienter und kundenorientierter zu arbeiten. Digitale Werkzeuge ermöglichen eine stärkere Verzahnung von End-to-End-Prozessen, wodurch die Transparenz über die gesamte Wertschöpfungskette erhöht wird. Dies reduziert nicht nur redundante Arbeitsabläufe, sondern steigert auch die Reaktionsfähigkeit.

Technologische Innovationen bieten Unternehmen neue Möglichkeiten der Wertschöpfung. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) und fortschrittlicher Datenanalytik ist hierbei ein zentraler Hebel. Mithilfe von KI können große Datenmengen effizient verarbeitet werden, wodurch tiefere Einblicke in Kundenverhalten, Markttrends und operative Prozesse gewonnen werden.

Neue Technologien ermöglichen es, Markttrends präziser vorherzusagen, datengetriebene Entscheidungen zu treffen und Prozesse wie die Personalisierung von Angeboten oder die Optimierung von Lieferketten signifikant zu verbessern. Durch den gezielten Einsatz dieser Technologien können Unternehmen innovative Geschäftsmodelle entwickeln und langfristig Wettbewerbsvorteile sichern.

Wachstumshebel sind der Schlüssel zur Potenzialentfaltung und zur Absicherung langfristiger Wettbewerbsvorteile. Sie stärken die Resilienz eines Unternehmens, indem sie strategische Ziele mit operativer Exzellenz und technologischer Innovationskraft verbinden. So entsteht eine belastbare Basis für nachhaltiges Wachstum.

4. Realisierung von Wachstumshebeln

Die Implementierung von Wachstumshebeln bildet einen entscheidenden Schritt, um identifizierte Potenziale in konkrete Ergebnisse zu überführen. Dabei sind folgende vier Schritte maßgeblich:

  1. Wachstumshebel priorisieren: Nicht alle identifizierten Wachstumshebel sind gleichbedeutend oder kurzfristig umsetzbar. Daher ist es entscheidend, diese Hebel nach ihrer strategischen Relevanz, dem Marktpotenzial sowie der Machbarkeit zu priorisieren. Ziel ist es, zunächst jene Hebel umzusetzen, die den größten Einfluss auf Wachstum und Wertschöpfung haben.
  2. Detailplanung: Jeder priorisierte Hebel bedarf einer fundierten Detailplanung. Dazu gehört die Definition von Zielen, konkreten Maßnahmen, Zeitplänen und Ressourcen. Die Erstellung eines realistischen Maßnahmenplans erleichtert die strukturierte Umsetzung und schafft Transparenz über die notwendigen Schritte zur Zielerreichung.
  3. Verantwortlichkeiten schaffen: Eine erfolgreiche Realisierung erfordert klare Verantwortlichkeiten. Für jeden Wachstumshebel sollten eindeutige Zuständigkeiten geschaffen werden. Dies gewährleistet die konsequente Steuerung und Verantwortung für Fortschritte und Ergebnisse.
  4. Realisierung und Monitoring: Die tatsächliche Realisierung bildet das Herzstück der Implementierung. Dabei ist es wichtig, den Fortschritt regelmäßig zu überwachen, um frühzeitig auf Herausforderungen reagieren zu können. Monitoring-Instrumente, KPIs und regelmäßige Reviews helfen, den Erfolg der Maßnahmen zu messen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.

Ein systematischer und strukturierter Ansatz bei der Realisierung von Wachstumshebeln stellt sicher, dass Potenziale gezielt gehoben werden und die Unternehmen nachhaltig wachsen können.

Schaffung von Resilienz und Wachstum mit Schwung – zusammen mit Horn & Company

Nachhaltiges Wachstum erfordert mehr als nur Stabilität – es erfordert den bewussten Wandel von einer defensiven Resilienzstrategie hin zu einer offensiven, zukunftsgerichteten Ausrichtung. Unternehmen, die aktiv Wachstumshebel nutzen, ihre Prozesse optimieren und technologische Innovationen gezielt einsetzen sichern sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Dabei geht es nicht nur darum kurzfristige Krisen zu überstehen, sondern gezielt Chancen zu identifizieren und auszuschöpfen.

Die Horn & Company Resilienz-Pyramide zeigt, dass der Weg von Resilienz zu nachhaltigem Wachstum schrittweise erfolgt: Zunächst müssen Unternehmen Stabilität gewährleisten, um darauf aufbauend ihr Leistungsportfolio zu fokussieren und schließlich gezielt Wachstumsfelder zu erschließen. Als Unternehmensberatung unterstützen wir Unternehmen dabei diesen Ansatz konsequent verfolgen und bringen sie in partnerschaftlicher Zusammenarbeit sind in der Lage, nicht nur auf Marktveränderungen zu reagieren, sondern aktiv die Zukunft ihrer Branche mitzugestalten.

Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, über bestehende Strukturen hinauszudenken und nachhaltige Strategien für die nächsten Wachstumsschritte zu entwickeln.

Bereit, den nächsten Schritt zu gehen?

Ob erste Gedanken oder konkrete Pläne – wir hören zu, fragen nach und entwickeln gemeinsam weiter. In einem unverbindlichen Erstgespräch klären wir, wo Sie stehen und wie wir Sie unterstützen können.

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