Lidl, Müller, Festivals: Was Handel und Marken lernen können

VonJudith Kathol
Retail & Consumer Goods, Point of View

Vom Preisprodukt zum Markenmoment: Wie Händler mit Festivals und cleverer Eigenmarkeninszenierung Emotionen wecken. Am Beispiel von Müller beim Wacken Open Air zeigen wir, wie Eigenmarken zur Bühne für Erlebnisse werden – und zur echten Differenzierung im Wettbewerb.

Eigenmarken im Festivalfieber: Bühne frei für emotionale Aufladung

Zum zweiten Mal ist Müller als Sponsor auf dem Wacken Open Air präsent, dem größten Heavy-Metal-Festival der Welt. Dass der Handel Festivals als Bühne entdeckt hat, ist nicht neu: Lidl gilt hier als Pionier. Schon seit mehreren Jahren ist das Unternehmen mit seinen mobilen „Rock Store“-Filialen auf Großevents wie Rock am Ring und Rock im Park vertreten. Die großzügigen Pop-up-Stores bieten alles, was Festivalbesucher benötigen – von Snacks und Kosmetik bis hin zu Campingbedarf. Weit über den reinen Verkauf hinaus schaffen sie so Begegnungsräume, stärken die Markenbindung bei jungen Zielgruppen und erzielen zusätzliche Sichtbarkeit in den sozialen Medien.

Mit einer eigenen Festivalfiliale und exklusiven Eigenmarkenprodukten im Wacken-Branding nutzt Müller die Bühne des Events für ein umfassendes Markenerlebnis. Es zeigt, wie sich Eigenmarken clever inszenieren und von der reinen Preisalternative zum aufmerksamkeitsstarken Markenhighlight entwickeln lassen. Durch die Präsenz auf Festivals nutzen Händler die emotionale Strahlkraft eines Großereignisses, das für seine Besucher weit mehr als nur Musik bietet: Gemeinschaft, Freiheit, Identifikation, Ausnahmezustände, einfach eine „gute Zeit“.

Speziell für das Festival gebrandete Eigenmarken-Sondereditionen verknüpfen Produkte mit den positiven Assoziationen des Events. Der Festival-Spirit könnte ins Regal transportiert werden – sowohl vor Ort als auch in den regulären Märkten. Auf diese Weise ließen sich die positiven Emotionen des Festivals weit über das eigentliche Event hinaus verlängern und neue Kaufimpulse setzen. Ein einfacher Duschschaum oder ein Snack werden zum Erinnerungsstück an ein unvergessliches Wochenende. So wird die Festivalbühne auch zur Bühne für Produkte – nicht nur für Showacts. Marken werden Teil des Erlebnisses und verankern sich dadurch nachhaltig in den Köpfen der Besucher.

Category Management trifft Popkultur: So werden Eigenmarken zu Fanartikeln

Aus Category-Management-Sicht zeigt sich hier, wie viel Potenzial in der gezielten Aufwertung von Eigenmarken steckt. Denn dass sie mehr sind als nur günstige Alternativen, wissen wir längst. Preisattraktivität bleibt wichtig – doch erst die Verbindung von kluger Inszenierung, Sortiment, Erlebnis und kulturellem Kontext schafft echte Differenzierung. Die Eigenmarke wird emotionalisiert und positioniert sich über den reinen Preisvorteil hinaus als Identifikationsangebot für die Zielgruppe. Gleichzeitig bieten Festival-Pop-up-Stores eine besondere Möglichkeit, neue Produkte in einem emotional aufgeladenen und gekapselten Umfeld als eine Art PoC-Markt (Proof-of-Concept-Markt) zu testen. Die Bedingungen sind zwar nicht direkt übertragbar, liefern aber wertvolle Impulse zur Akzeptanz neuer Angebote unter hoher Aufmerksamkeit. Das funktioniert nicht nur für Eigenmarken, sondern auch in Kooperation mit Markenpartnern, die von der Sichtbarkeit und Emotionalität solcher Formate profitieren können.

Eigenmarken als flexible Elemente im Markenportfolio zu steuern, eröffnet außerdem Potenziale: Sondereditionen, Limited Editions sowie Kooperationen – etwa mit Festivals, Influencern oder bekannten Persönlichkeiten – setzen Akzente, sprechen neue Zielgruppen an und schaffen Frequenz, stationär wie online. Auch das ist bekannt, könnte aber noch deutlich stärker ausgespielt werden: Von der erfolgreichen Capital Bra Pizza über Kosmetiklinien von Dagi Bee und Shirin David bis hin zum globalen Markenimperium des Kardashian-Clans zeigt sich, wie erfolgreich die Kombination aus Persönlichkeit, Community und Produkt wirken kann.

Es ist ein Lehrstück dafür, wie kluge Sortimentspolitik, erlebnisorientiertes Marketing und konsequente Eigenmarkenentwicklung im Handel Hand in Hand gehen und so Mehrwert schaffen.

Die aktuelle Festivalsaison läuft noch – aber wer clever plant, denkt schon an die nächste – warum also nicht schon jetzt mit der Planung beginnen? Lassen Sie uns gemeinsam neue Impulse setzen und gezielt an den Hebeln arbeiten, mit denen wir Marke, Sortiment und Erlebnis weiterentwickeln.

Bereit, den nächsten Schritt zu gehen?

Ob erste Gedanken oder konkrete Pläne – wir hören zu, fragen nach und entwickeln gemeinsam weiter. In einem unverbindlichen Erstgespräch klären wir, wo Sie stehen und wie wir Sie unterstützen können.

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