EBA-Leitlinie zum ESG-Risikomanagement – Impulse zur Umsetzung für Banken und Sparkassen

VonDr. Matthias Sattler
Banken, Artikel

Nachhaltigkeitsbelastungen – seien sie bedingt durch den Klimawandel (z.B. Überschwemmungen, Waldbrände etc.) oder durch soziale Entwicklungen (z.B. Fachkräftemangel) – nehmen für Banken in Deutschland und der Welt sukzessive zu. Die Europäische Bankenaufsicht (EBA) wird ihrer Verantwortung gerecht und veröffentlichte am 08.01.2025 ihre Leitlinie zum Umgang mit ESG-Risiken (EBA/GL/2025/01). Laut der Leitlinie selbst ist sie durch andere als kleine und nicht komplexe Institute bis Januar 2026 umzusetzen, was die BaFin allerdings vor kurzem konkretisierte. Begleitet wird dies durch den ebenso neu veröffentlichten Entwurf zur EBA-Leitlinie zu ESG-Szenarioanalysen (EBA/GL/2025/02).

Zwar hat die BaFin jüngst klargestellt, die neuen EBA-Leitlinien zum ESG-Risikomanagement für die weniger bedeutenden Institute1  nicht anwenden zu wollen. Gleichzeitig betont sie, dass die in den Leitlinien formulierten allgemeinen Anforderungen bereits überwiegend prinzipienbasiert vorweggenommen wurden. Berichte kleinerer Banken wären aus Sicht der BaFin jedoch wenig zielführend im Kampf gegen den Klimawandel. Dennoch stellt sie weiterhin ein deutliches Optimierungspotenzial fest – insbesondere bei der Integration physischer Klimarisiken in das Risikomanagement, in Bezug auf Proportionalität sowie bei der Offenlegung. Für Banken und Sparkassen entsteht somit weiterhin Handlungsdruck, pragmatisch und proportional zu reagieren. Die neuen Leitlinien können dabei wichtige Impulse liefern.

Materialitätsanalyse (A)

Ausgangspunkt bildet die Materialitätsanalyse. Hierbei werden die potenziellen Effekte durch ESG-Risiken auf alle klassischen Finanzrisikokategorien (z.B. Kredit-, Marktpreis- und Liquiditätsrisiko) und auf Portfolien bewertet. Die jeweilige Bewertung, ob ein ESG-Risiko materiell – hier wesentlich – für eine bestehende Risikoart ist, erfolgt im Hinblick auf Wahrscheinlichkeit und Schwere der ESG-Auswirkung. Dabei gilt es nicht nur die Wirkungen auf die bestehende Risikokategorien, sondern auch die mit den Risiken konfrontierten Risikopositionen, Einnahmen und Gewinne zu betrachten. Banken sind somit gefordert, qualitative und quantitative Daten in der Bewertung zu nutzen. Dabei ist sowohl die kurz- und mittelfristige als auch die langfristige Perspektive von mindestens 10 Jahren zu berücksichtigen.

Vor allem die quantitative Bewertung und vollständige Identifikation sämtlicher (materieller) ESG-Risiken sollte somit aufgrund noch immer ungenauer oder fehlender ESG-Daten in regionalen und überregionalen Banken und Sparkassen eine große Herausforderung darstellen. Gleichzeitig sind viele Institute gefordert, ein konsistentes Vorgehen zur CSRD-Wesentlichkeitsanalyse zu wählen, jedoch dieses klar von der EBA-Materialitätsanalyse zu trennen. Dies erzeugt Abstimmungsbedarf.

Identifikation und Messung (B)

Ein strukturiertes Vorgehen in der Erhebung und Verarbeitung von (auch fehlenden) ESG-Daten ist somit die Grundvoraussetzung. Die neue Leitlinie gibt unterschiedliche sogenannte Referenzmethoden zur Identifikation und Messung von ESG-Risiken vor:

  • Risikopositionsbezogene Methoden (z.B. Einsatz ESG-Scorings auf Kundenebene im Kreditprozess)
  • Portfolio- und sektorbezogene Methoden (z.B. Auswertung des Kreditportfolios hinsichtlich Konzentrationen von Sektoren, die in hohem Maße zum Klimawandel beitragen)
  • Portfolioabgleich (z.B. initialer Vergleich und anschließendes Tracking mit einem Portfolio mit Netto-Null-Ziel) 
  • Szenariobezogene Methoden (Messung der Resilienz gegenüber ESG-Risiken in verschiedenen Szenarien)

Die genauen aufsichtlichen Vorgaben zu ESG-Szenarien liegen derzeit nur im Entwurfsstatus vor. Jedoch ist auch dort mit der Klimaresilienz-Analyse eine tiefgreifende Erweiterung des bisherigen Sets an ESG-Szenarien absehbar.

Prinzipien, Strategie/Geschäftsmodell und Risikoappetit (C bis E)

Banken wie auch Sparkassen sind angehalten in einem vollständig integrierten Ansatz die ESG-Risiken in ihre regulären Risikomanagementsysteme und -verfahren einzubetten. Hier eignet sich je nach Institut auch der Aufbau eines separaten Steuerungskreises ESG-Risiken. Zudem sind ESG-Risiken in der Geschäftsstrategie zu berücksichtigen, indem das Verständnis ihrer Auswirkungen auf das Geschäftsmodell integriert wird. Zugleich sind zur besseren Überwachung potenzieller materieller ESG-Risiken strategische Ziele und dazugehörige Leistungsindikatoren zu formulieren.

Institute sind auch gefordert die eigene Risikobereitschaft mit Hilfe geeigneter ESG-Schlüsselrisikoindikatoren in Risikostrategie wie Risikoappetit umzusetzen. Hierbei findet somit auch eine Integration in die Gesamtbanksteuerung statt.

Kapital- und Liquiditätsausstattung sowie Risikopolitik und -verfahren (F und G)

Sämtliche materiellen Auswirkungen von ESG-Risiken sind bei der Bewertung von Solvabilität (ICAAP) und Liquidität (ILAAP) der Institute mit einzubeziehen. Hier ist die Aufnahme einer vorausschauenden Betrachtung der adäquaten Kapitalausstattung im ICAAP mit sowohl einem Base-Szenario als auch einem adversen Szenario von großer Bedeutung. Kommt es zum Beispiel durch den potenziellen Eintritt von akuten physischen Risiken wie Überschwemmungen oder Stürmen zu großflächigen Schäden bei finanzierten Immobilien einer Bank, so hat diese die Risiken sowohl als potenzielle Effekte auf Kreditausfälle als auch als negative Beeinträchtigung der hinterlegten Sicherheiten (das heißt Wertverfall bei Immobilien durch die entstandenen Schäden) zu berücksichtigen.

Im Rahmen der Risikopolitik und -verfahren sind nunmehr klare Verfahren zur Ermittlung, Messung, Steuerung, Abmilderung und Überwachung materieller ESG-Risiken sicherzustellen. Dabei legen die neuen Leitlinien einen Fokus auf das Kreditrisiko. Sie erfordern jedoch auch ein gutes Verständnis der Auswirkungen von ESG-Risiken auf die Bewertung von Markt-, Liquiditäts-, operationellen, Reputations- und Konzentrationsrisiken. Dabei ist jeweils auch eine Bewertung hinsichtlich der betroffenen Finanzinstrumente vorzunehmen.

Überwachung (H)

Die neuen Leitlinien fordern die Einführung einer granularen und fortlaufenden Überwachung materieller ESG-Risiken bei Gegenparteien (Kunden / Emittenten) und Portfolios. Hierzu eignen sich die quartärliche Risikoberichterstattung oder spezifische Heatmaps für Verantwortliche. Zudem sind Frühwarnindikatoren (wie z.B. CO2-Preise zur Steuerung transitorischer Risiken) und Schwellenwerte zu installieren. So müssen Banken und Sparkassen über konkrete Strategien und Planungen verfügen, wie sie auf eine Überschreitung solcher Schwellenwerte reagieren.

Transitionsplan (I)

Die hoch komplexen Transitionspläne dienen der angemessenen Adressierung der finanziellen Risiken, die sich aus dem Übergang zur klimaneutralen Wirtschaft in der EU bis 2050 (Stichwort Dekarbonisierung) ergeben. Sie umfassen Strategien und Maßnahmen, mit denen Institute ihre Geschäftsmodelle und ihr Risikomanagement an die Anforderungen einer nachhaltigen Wirtschaft anpassen. Dabei legen sie kurz-, mittel- und langfristige Ziele zur Reduzierung von ESG-Risiken sowie die Implementierung von Prozessen zur Überwachung und Berichterstattung über den Fortschritt dieser Ziele fest. Die Transitionspläne sind dann als integraler Bestandteil in die Geschäftsstrategie zu überführen und regelmäßig zu überprüfen bzw. zu aktualisieren. Schließlich werden innerhalb des Instituts klare Verantwortlichkeiten festgelegt, welche sicherstellen, dass ausreichend Ressourcen für die Umsetzung bereitgestellt werden.

Eine erste Heatmap ausgewählter Anforderungen zeigt die folgende Abbildung:

Horn & Company - EBA-Leitlinie zum ESG-Risikomanagement
Horn & Company - EBA-Leitlinie zum ESG-Risikomanagement 

Fazit: Pragmatisch genaue Umsetzung gefordert!

All dies erfordert einen kontinuierlichen Ausbau an Methoden, Prozessen und Fähigkeiten zur Identifikation, Bewertung, Abmilderung und Überwachung von ESG-Risiken. Gleichzeitig ist die angemessene Berücksichtigung in der schriftlich fixierten Ordnung und den Schulungsformaten der Institute sicherzustellen. Um zügig und pragmatisch auf die Anspruchshaltung der Aufsicht zu reagieren, sollten Banken und Sparkassen in einem ersten Schritt die bisherigen Verfahren und Instrumente zum Umgang mit ESG-Risiken überprüfen und auswerten, welche davon bereits auf die neuen Anforderungen einzahlen oder welche komplett neu sind. Vielfach hatten Verbundpartner von Banken und Sparkassen hierbei schon singuläre Unterstützungsangebote zur Verfügung gestellt. So kann der Aufwand zum Aufbau neuer ESG-Instrumente und -Verfahren deutlich gesenkt werden. Passen die zentral bereitgestellten Instrumente nicht oder reichen nicht aus, sind eigene aufzubauen.

Die bestehenden und potenziell neu aufzubauenden Instrumente (z. B. Analysen, Szenarien, Schlüsselindikatoren etc.) sind dann in einen Steuerungskreislauf ESG-Risiken zu überführen. Dabei ist auf ein stringent konsequentes Vorgehensmodell zu achten, um der Anforderung eines vollständig integrierten Modells zu genügen. Vereinfacht stellt sich dieser Steuerungskreis wie folgt dar:

  • Risikoidentifikation und -bewertung (Materialitätsanalyse)
  • Risikomessung (Referenzmethoden und Szenarien)
  • Risikosteuerung (über Schlüsselindikatoren etc.)
  • Risikoüberwachung (über interne Berichterstattung, Heatmaps etc.)

 Der erwähnte Transitionsplan ist demnach als Add-On zum Steuerungskreis ESG-Risiken zu sehen.

Horn & Company begleitet Banken und Sparkassen seit vielen Jahren im Umgang mit ESG-Risiken und verfügt über umfassende Erfahrung. Unsere Experten stehen Ihnen gerne zur Seite – sprechen Sie uns an.

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